Politische Parteien

Mit dem Militärputsch von 1980 wurden alle politischen Parteien geschlossen; gegen die leitenden Funktionäre der Parteien wurde ein Politikverbot verhängt. Mit der erneuten Einführung der Demokratie wurde 1983 die Gründung der politischen Parteien wieder freigegeben. Bei den allgemeinen Wahlen im selben Jahr ging die 'Mutterlandspartei' ANAP (Anavatan Partisi) als die stärkste Regierungspartei hervor. Die 'Volkspartei' HP (Halkçı Parti) und die 'Nationaldemokratische Partei' MDP (Milliyetçi Demokrasi Partisi) bildeten die Oppositionsparteien im Parlament. 1987 wurde das Verbot gegen ehemalige Politiker mit einer Verfassungsänderung und einer darauf folgenden Volksabstimmung aufgehoben. 1993 wurde mit einer weiteren Änderung der Verfassung die Wiederöffnung der ehemaligen politischen Parteien zugelassen. Von den geschlossenen Parteien wurden jedoch nur zwei wiedereröffnet: die 'Republikanische Volkspartei' CHP (Cumhuriyet Halk Partisi) und die 'Partei der nationalen Bewegung' MHP (Milliyetçi Hareket Partisi).

Der DSP-Vorsitzende Bülent Ecevit Der FP-Vorsitzende Recai Kutan

Mit den allgemeinen Wahlen von 1995 sind im Parlament 10 Parteien vertreten. Diese sind: Die "Mutterlandspartei" ANAP (Anavatan Partisi), die "Große Unionspartei" BBP (Büyük Birlik Partisi), die "Republikanische Volkspartei" CHP (Cumhuriyet Halk Partisi), die "Partei der sich ändernden Türkei" DEPAR (Değişen Türkiye Partisi), die "Demokratische Partei" DP (Demokrat Parti), die "Demokratische Türkische Partei" DTP (Demokrat Türkiye Partisi), die "Partei der Demokratischen Linken" DSP (Demokratik Sol Parti), die "Partei des Rechten Weges" DYP (Do¤ru Yol Partisi), die "Nationalistische Bewegungspartei" MHP (Milliyetçi Hareket Partisi) und die "Wohlfahrtspartei" RP (Refah Partisi). Die RP, die im Parlament über 158 Mandate verfügt und in einer Koalition mit der DYP zeitweilig auch an der Regierungsspitze beteiligt war, wurde im Januar 1998 wegen radikaler Äußerungen einiger Parteigrössen und Aktivitäten gegen die laizistische Republik nach der Anklage der Staatsanwaltschaft des Kassationsgerichtes vom Verfassungsgericht geschlossen. Die Mehrheit der ehemaligen RP-Abgeordneten traten der Ende 1997 gegründeten "Tugendpartei" FP (Fazilet Partisi) bei.

Der MHP-Vorsitzende Devlet Bahçeli

Der ANAP-Vorsitzende Mesut Yılmaz

Mit den Wahlen von 1999 sind DSP, MHP, FP, DYP und ANAP im Parlament vertreten; die CHP blieb unter der 10%-Hürde und damit außerhalb des Parlaments. Die DSP, eine Massenpartei der linken Mitte, ging aus den Wahlen als stärkste Partei hervor: Sie spricht sich wie Mitterechtsparteien für die demokratische und laizistische Republik sowie unter bestimm- ten Bedingungen und Begrenzungen auch für die freie Marktwirtschaft aus. Die Partei hat ein ähnliches Organisationsmodell wie die skandinavischen sozialdemokratischen Parteien. Die CHP, die 1992 als Nachfolgerin der ältesten politischen Partei der Türkei gegründet wurde, nach den letzten Wahlen aber nicht mehr im Parlament vertreten ist, vertritt in manchen Themen ähnliche Meinungen wie die DSP.

Die DYP-Vorsitzende Tansu Çiller Der CHP-Vorsitzende Deniz Baykal Die MHP, die bei den Wahlen von 1999 einen beträchtlichen Anstieg ihrer Stimmen verzeichnen konnte, vertritt ein Aktionsprogramm im Sinne des 'türkischen Nationalismus'. Die FP, die von Abgeordneten der RP nach Verbot letzterer wegen fundamentalistischer Propaganda und Aktionen gegen die laizistische Republik gegründet wurde, blieb weit hinter dem Stimmenanteil der RP zurück und wurde im Parlament dritte Partei hinter DSP und MHP.

Obwohl ANAP und DYP die großen Massenparteien der rechten Mitte sind, mußten sie bei den Wahlen von 1999 herbe Stimmenverluste hinnehmen. ANAP umfaßte ausdrücklich sehr verschiedene politische Richtungenund wurde dadurch 1983 alleinige Regierungspartei. Auch die DYP, als Nachfolgerin der liberalen 'Demokratischen Partei' und 'Gerechtigkeitspartei' gegründet, vertritt wie ANAP die demokratische und laizistische Republik und setzt sich neben Gedanken-, Glaubensund Unternehmensfreiheit auch für die freie Marktwirtschaft ein.

Außer diesen Parteien gibt es weitere 29 politische Parteien. Die "Partei für Freiheit und Solidarität" ÖDP (Özgürlük ve Dayanışma Partisi), die 'Demokratische Türkische Partei DTP, die 'Friedenspartei' BP (BarışPartisi), die "Partei für Demokratie und Umwandlung" DDP (Demokrasi ve Değişim Partisi), die "Demokratische Partei des Volkes" HADEP (Halkın Demokrasi Partisi), die "Liberal-Demokratische Partei" LDP (Liberal Demokrat Parti) und die "Türkische Partei, die mit ihren Behinderten glücklich ist" TÖM (Türkiye Özürlüsü ile Mutludur Partisi), sind nur einige davon.

Die finanzielle Struktur der politischen Parteien und deren Aufsicht. Die politischen Parteien finanzieren ihre Aktivitäten durch Beiträge ihrer Mitglieder, durch Spenden sowie Hilfen des Staates. Dem Parteiengesetz nach gibt es für die Spenden von natürlichen und juristischen Personen eine bestimmte Grenze. Der Staat leistet den politischen Parteien eine ausreichende und gerecht verteilte finanzielle Hilfe. Staatliche Einrichtungen, Institutionen und Regionalverwaltungen dürfen politischen Parteien keine mobilen oder immobilen Werte, Rechte und kein Geld überlassen. Ferner ist es verboten, daß politische Parteien von anderen Staaten, internationalen Organisationen, Ausländern, Vereinen, Gruppen oder Institutionen aus dem Ausland, Geld, Güter oder Spenden empfangen.

Die Einnahmen und Ausgaben der politischen Parteien müssen ihrem Zweck entsprechen. Der Verfassung nach hat allein das Verfassungsgericht das Recht, die finanzielle Situation der politischen Parteien zu kontrollieren. Das Verfassungsgericht handelt dabei im Rahmen des Parteiengesetzes. Ein Urteil des Verfassungsgerichtes ist endgültig.