Türken wurden mit Oper und Balett bereits vor Verkündung der Republik bekannt. Osmanische Botschafter haben ihre in Europa gesammelten Eindrücke nach İstanbul weitergeleitet. Auch der italienische Musiker Giuseppe Donizetti wurde als Hofkapellmeister in den osmanischen Hof gerufen, wo er das Publikum mit der Gattung Oper und Balett vertraut machte. Opern- und Balettaufführungen wurden in der Tanzimat- und Meşrutiyet-Epoche fortgesetzt; das Interesse an Opernaufführungen war groß genug, um den Bau von Opern-Gebäuden in die Wege zu leiten. Atatürk indessen, der der Geschichte seinen Stempel auftrug, begnügte sich, im Gegensatz zu anderen Führern, nicht damit, einen politischen Befreiungskampf zu führen. Im Rahmen seiner Kulturrevolution, die für ihn das wichtigste Ziel war, bekamen die Aktivitäten zur Etablierung von Oper und Balett als universale Kunst auch eine institutionelle Absicherung.
Als nach Gründung der Republik sich die polyphone Musik in der Türkei verbreitete, wurde die Oper als höchste Musikausprägung angesehen. Folgerichtig bemühte man sich, in möglichst kurzer Zeit eine türkische Oper zu gründen. 1930 wurde in İstanbul ein Opernverein gegründet, der 1934 Verdis Oper "La Traviata" in Szene setzte. Als im selben Jahr Schah Reza Pahlevi die Türkei besuchte, wurde eine Aufführung von Adnan Sayguns Oper "Özsoy" auf der Bühne des "Volkshauses" in Ankara mit Erfolg und in Anwesenheit von Atatürk und dem Schah verwirklicht. Diese Vorstellung war ein bedeutendes Ereignis in der türkischen Operngeschichte, denn dieses Ereignis hat gezeigt, daß die Haltung Atatürks bezüglich einer Institutionalisierung von Oper und Balett in der Türkei richtig war und so der Weg dafür geebnet war, auf dem eingeschlagenen Weg fortzufahren. Mit der Eröffnung des akademischen Jahrs 1936 des Staatlichen Konservatoriums in Ankara wurde die Bühne des Konservatoriums eröffnet, auf der die Studenten der Abschlußklasse ihre Aktivitäten zur Gründung einer Oper diszipliniert und zügig vorantrieben. Bei der Entwicklung der Oper leisteten der aus Deutschland kommende berühmte Komponist Paul Hindemith und der Opern-Regisseur Carl Ebert wichtige Beiträge. Schließlich konnten 1940 die jungen Studenten als Pioniere der türkischen Oper einen erten Opernabend inszenieren, dessen erster Teilaus Mozarts Singspiel "Bastien und Bastienne" und dessen zweiter Teil aus dem zweiten Akt von Puccinis "Madame Butterfly" bestand. 1941 folgten Puccinis "Tosca" und "Madame Butterfly" in voller Länge, gefolgt von Beethovens "Fidelio". Nachdem die Ankaraner Gemäldegalerie neu gestaltet in das Große Theaterhaus umgewandelt worden war, stand zur Einweihung ein Teil der Oper "Kerem" von Ahmet Adnan Saygun auf dem Programm.
Die erste türkische Balettschule mit einem offiziellen und akademischen Charakter wurde 1948 mit staatlicher Förderung in İstanbul eröffnet. Diese Schule zog 1950 nach Ankara und wurde dem Staatlichen Konservatorium zugeordnet. Zur Eröffnung der Balettschule wurde bereits 1947 während der Vorbereitungsphase die Gründerin des Englischen königlichen Baletts, Dame Ninette de Valois, eingeladen, deren Verdienste für das türkische Balett bedeutend waren. Die erste Vorstellung der Abteilung für Balett des Staatlichen Konservatoriums in Ankara 1950 bestand aus den Baletten "Pastorale Suite" und "Kelo¤lan" mit der Musik von Ulvi Cemal Erkin und der Chereographie von Joy Newton. Es folgten "El Amor Brujo", eine vollständige Aufführung von "Coppelia" und das originale Balett "Çeşmebaşı", in dem mit Ferit Tüzüns Musik und der Inszenierung von Valois türkische Folklore und Balettmusik eine Synthese eingingen. Diese Pionierarbeiten aus jener Zeit waren verantwortlich dafür, daß türkische Tänzer und Chereographen ein unverzichtbarer Bestandteil der türkischen Kultur wurden und obendrein auch internationale Anerkennung fanden.
Die staatliche Oper und das Balett arbeiten im Rahmen eines Gesetzes vom 16. Juni 1949 die Gründung eines staatlichen Theaters betreffend. Mit Protokoll des Kulturamtes von 1968 trennten sich Oper und Theater und erhielten 1970 eigene Ämter für ihre Betreuung.
Die Generaldirektion für staatliche Opern und Balette hat ihren Hauptsitz in Ankara und hat in İstanbul, İzmir und Mersin Provinzialvertretungen, die eigene Opernhäuser betreuen. Oper und Balett sollen in der ganzen Türkei Verbreitung finden. So wurden mit Kabinettsbeschluß Provinzialvertretungen auch in Samsun, Antalya, Gaziantep, Sivas und Van eröffnet, die sich derzeit bemühen, ein Stammpersonal für Oper und Balett aufzubauen. Im Rahmen der staatlichen Oper und dem Balett sind auch moderne Tanzgruppen und eine Ankaraner Popgruppe errichtet worden, die auf ihren Gebieten die Universalität der Bühnenkunst demonstrieren wollen. Darüberhinaus gibt es landesweit und besonders an den Universitäten Amateurgruppen auf dem Gebiet des modernen Tanzes.
Die Aktivitäten von staatlicher Oper und dem Balett und ihrer Künstler, die sich heute auch auf internationaler Bühne behaupten, erfreuen sich eines breiten Interesses und großer Beliebtheit. Auf insgesamt 6 Bühnen finden pro Monat in Ankara und İstanbul 24-30, in İzmir 16 und in Mersin 12 Aufführungen statt. Opern-, Balett- und Konzertvorstellungen gibt es auch auf öffentlichen Plätzen, in Parks, Universitäten und historischen Stätten, welche großes Interesse finden. Tourneen durch die
verschiedenen Städte Anatoliens und diverse Festspiel steigern die Beliebtheit von Oper und Balett in der Türkei. So besuchen z.B. jedes Jahr 80.000 Zuschauer die Opern- und Balett Festspiele im historischen römischen Theater von Aspendos, die im Juni 2000 zum 7th Mal veranstaltet wurden.