Die öffentliche Verantwortung und die Kontrollfunktion der Massenkommunikationsmittel in der Türkei sind durch die Verfassung und durch andere Gesetze im Rahmen der universalen Rechte und zu Gunsten der Bürger geregelt. Jeder Bürger hat gemäß Grundgesetz das Recht auf Information. Bestimmte Artikel des Grundgesetzes sehen die Informationsfreiheit und die Geheimhaltung von Informationen vor. Nach der Verfassung hat jeder das Recht, seine Gedanken zu äußern, sie zu verbreiten, sich über Wissenschaften und Kunst frei zu informieren und entsprechende Ideen zu verbreiten. Die Herausgabe und der Vertrieb von ausländischen Veröffentlichungen in der Türkei wird gesetzlich kontrolliert. Trotzdem heißt es in Artikel 28 des Grundgesetzes: "Die Presse ist frei und darf nicht zensiert werden". Der 29. Artikel des Grundgesetzes betrifft das begrenzte und unbegrenzte Veröffentlichungsrecht, der 30. Artikel den Schutz der Pressemedien und der 32. Artikel das Recht auf Antwort und Gegendarstellung.
Presse und Informationsamt
Das Presse- und Informationsamt, das dem Ministerpräsidium unterstellt ist, arbeitet im Sinne einer Versorgung des Volkes mit richtigen und ausführlichen Informationen zu gegebener Zeit und mit Bekanntmachungen. Das Amt informiert die Öffentlichkeit über die Tätigkeiten der politischen Führung und ergreift Maßnahmen zur Verstärkung derjenigen Massenkommunikationsmedien, mit denen es zusammenarbeitet. Das Presse und Informationsamt versucht die Tätigkeit der einheimischen und ausländischen Presseorgane zu fördern, um die Informationszufuhr zu erleichtern. Zudem übernimmt die Anstalt eine Brückenrolle zwischen privaten oder öffentlichen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen sowie zwischen der politischen Führung und der Presse. Ferner führt die Anstalt effektive Maßnahmen zur Bekanntmachung der Türkei im Ausland durch. Bei der Entwicklung und Förderung der türkischen Presse übernimmt dieses Amt wichtige Funktionen und verfügt zur Wahrnehmung seiner Aufgaben über eine moderne technische Ausrüstung.
Die Entwicklung der Massenkommunikationsmittel
Wichtige Änderungen und Umwälzungen bilden die Meilensteine der geschichtlichen Entwicklung. Information und Kommunikation prägen zweifelsohne die gegenwärtige Periode. Die Fähigkeit zu denken, seine Gedanken zu äußern und an der Herrschaft teilzunehmen entwickelt sich mit starkem Interesse an Information und Kommunikation. In diesem Zusammenhang versuchen Massenkommunikationsmittel mit ihrer sich entwickelnden technologischen Struktur den Bedarf der einzelnen Personen nach Informationen zu decken. Die Öffentlichkeit der Massenkommunikationsmittel stellt sicher, daß das Volk im Rahmen der universalen Werte informiert und gebildet wird. Die Massenkommunikationsmittel in der Türkei, für die gewisse Prinzipien des Presseberufs gültig sind, versuchen dieser Verantwortung nachzukommen.
Die erste türkische Zeitung "Takvim-i Vekayi" wurde zuerst am 11. November 1831 veröffentlicht. Sie war die erste amtliche Zeitung und wird heute noch als "amtliches Blatt" herausgegeben. Die zweite Zeitung war "Ceride-i Havadis", die besonders mit ihren Anzeigen großes Interesse erweckte. Eine türkische schriftliche Presse, im wahren Sinne des Wortes, die das Leben der Gesellschaft widerspiegel- te, begann jedoch 1860 mit der Veröffentlichung der Zeitung "Tercüman-ı Ahval". Ihr folgte die Zeitung "Tasvir-i Efkar". Zwischen 1867 und 1878 gab es allein in İstanbul 113 Zeitungen. Bis zur Zeit der Repub-lik erschienen viele Zeitungen, darunter Basiret, İbret, Tercü-man-ı Hakikat, İk-dam, Sabah, Saadet und Tarik. Die Zeitung "İrade-i Milliye", bei deren Gründung Atatürk mitgewirkt hatte, sowie die Zeitung "Hakimiyet-i Milliye", die später in der Republikszeit unter dem Namen "Ulus" herausgegeben wurde, leisteten während des nationalen Befreiungskrieges wichtige Dienste im Publikationsbereich. Die nach dem nationalen Befreiungskrieg herausgegebenen Zeitungen haben eine Tradition begonnen, die zum Teil bis in die heutige Tage noch anhält. Die schriftliche Presse ist Vertreterin einer mehr als ein Jahrhundert alten Tradition. Die schriftliche Presse machte zeitweilig aus ihrer Kontrollmacht über die politischen Führungen Gebrauch. Manchmal war die Presse Verfechter mehrerer politischer Entwicklungen. Dank der Technologie und anderer Entwicklungen herrscht heute in der türkischen Presse eine große und bunte Vielfalt.
Das Radio ist nicht so alt wie die Presse. Regelmäßige Radiosendungen begannen 1927 und entwickelten sich mit der Gründung der türkischen Radio- und Fernsehanstalt TRT. Heute gibt es in der Türkei mehr als 1000 regionale und landesweite Radiostationen.
Die erste Fernsehsendung wurde in der Türkei 1952 ausgestrahlt. In den 70'er Jahren wurden wichtige Entwicklungen in diesem Thema verzeichnet. Doch den größten Schritt bildete die Tätigkeit von privaten Sendern ab 1990. Gegenwärtig gibt es mehr als 250 nationale, regionale und lokale Fernsehsender.
Vielfalt der Massenkommunikationsmittel
Die Entwicklung der Massenkommunikationsmittel in der Türkei, die parallel zur Entwicklung des Landes verlief, stellte den Zuschauern, Lesern und Zuhörern eine große Auswahl zur Verfügung. Obwohl das interesse an der schriftlichen Presse nicht so groß ist wie in anderen Ländern, erreichte 1999 der durchschnittliche tägliche Zeitungsverkauf 3,800.000 Exemplare. Nachforschungen zufolge hatte ein hoher Anteil von 95% der Bevölkerung 1999 einen eigenen Fernseher. Durchschnittlich wird täglich 4,5 Stunden fern- gesehen. Außerdem verbreitet sich in den großen Städten Satelliten- und Kabelfernsehen. Auch bei den Rundfunkstationen ist ein rascher Anstieg zu verzeichnen, der parallel zu einer Erneuerung des Hörerprofils und der Programmstruktur verläuft. Die durchschnittliche Zuhördauer beträgt täglich 3 Stunden. Nachforschungen zufolge hören 73% der Bevölkerung Radio, in der Mehrheit Jugendliche im Alter von 15-24 Jahren.
Die weite Verbreitung von Fernsehen und Radio zeigt offen die Bedeutung der Kommunikationsmittel in der Gesellschaft. Zugleich steigt die Zahl der Leser von Zeitungen parallel zum Ausbildungsstand der Bevölkerung.
Nachrichtenagenturen
Die türkische Gesellschaft lernte Nachrichtenagenturen vor der Zeit der Republik durch Vertretungen von ausländischen Nachrichtenagenturen in İstanbul kennen. Nachdem während des Unabhängigkeitskrieges das Interesse an der heimische Presse erweckt wurde, wurde mit Unterstützung Atatürks, der eine reibungslose Nachrichtenübermittlung auf nationaler Ebene anstrebte, am 6. April 1920 die Nachrichtenagentur "Anadolu" (Anadolu Ajansı) gegründet, die vom Staat regelmäßige Unterstützung erfährt. Die Anadolu-Agentur mit Hauptsitz in Ankara hat in allen Provinzen und Kreisstädten in der Türkei sowie an 33 Orten im Ausland, einschließlich der mittelasiatischen Turkrepubliken, Vertretungen. Die Agentur arbeitet mit internationalen Nachrichtenagenturen (Reuters, AP, AFP, DPA usw.) und mit den nationalen nachrichtenagenturen von ca. 100 Ländern zusammen und hat im Ausland viele Abonnenten. Die Agentur macht bei Verbreitung der Nachrichten von allen Möglichkeiten der Technologie wie Internet, Telex, Telefoto und Fax Gebrauch und arbeitet auch mit dem VBI-(Vertical Blanking Interlina-) Satellitensystem. Die Abonnenten der Agentur können zugleich vom audiovisuellen Fotodienst und von dem audiovisuellem Dienst der Agentur Gebrauch machen.
In der Türkei gibt es noch mehrere weitere einheimische und ausländische Nachrichtenagenturen. Reuters ist das erste Unternehmen, das der Türkei auf internationaler elektronischer Ebene Informationen liefert. Die Anadolu-Agentur ist die wichtigste Nachrichtenquelle der ausländischen Nachrichtenagenturen wie Agence France Press (AFP) oder Associated Press (AP) oder United Press International (UPI). Die Ankara-Nachrichtenagentur (ANKA), die türkische Nachrichtenagentur (THA), die Hürriyet-Nachrichtenagentur (HHA), die Milliyet-Nachrichtenagentur (MIL-HA), die İhlas-Nachrichtenagentur (İHA), die Nachrichtenagentur für Wirtschaft (EKA), die Türkische Presseagentur (TÜBA), Nachrichtenagentur für Magazine und Aktuelles (MAK-AJANS) und die Internationale Nachrichtenagentur (UHA) sind weitere wichtige private Nachrichteninstitutionen der Türkei.
Neben Nachrichtenagenturen geben Presseabteilungen verschiedener privater und öffentlicher Institutionen, offizielle Ämter, Parteien und Berufsverbände Nachrichten an die Massenkommunikationsmedien weiter. Dies erfolgt durch Pressekonferenzen, Pressemitteilungen, Einladungen an die Presse sowie durch private Gespräche mit Fotoabteilungen und Journalisten.
Meinungsumfragen
Ergebnisse von Meinungsumfragen bilden in den letzten Jahren öfters den Tagesordnungspunkt in der Türkei. Die Verbreitung der Presseorgane hat auch das Interesse an solchen Untersuchungen erhöht. Die erste umfangreiche Meinungsumfrage wurde 1975 vor Zwischenwahlen veranstaltet. Das Ergebnis der von Lehrkräften der Universität Ankara veranstalteten Meinungsumfrage wurde in der Zeitung Milliyet veröffentlicht.
Ab 1983 stieg die Zahl der Meinungsumfragen. Die rapiden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Änderungen haben dazu beigetragen, daß sich das Interesse an Umfragen von Seiten der Finanzmärkte, Medien und Öffentlichkeit entwikkelte. 1988 wurde der "Verein für Marketing und Meinungsforschung" gegründet. In den 90'er Jahren wuchs aufgrund der Änderungen in der gesellschaftlichen Struktur des Landes das Interesse der Massenmedien an öffentlichen Umfragen. Besonders vor der Abhaltung von Wahlen haben Meinungsumfragen für die Medien eine große Bedeutung; die Presse räumt diesen einen breiten Platz ein. Die von einer akademischen Gruppe für Medien und Meinungsumfragen aus Mitgliedern der Fakultät für Kommunikation der Universität İstanbul unter 10.000 Befragten veranstaltete Meinungsumfrage im Zusammenhang mit den Wahlen von 1991 ist ein konkretes Beispiel für die Entwicklung in diesem Bereich. In den letzten Jahren schloßen ausländische Forschungsinstitutionen Partnerschaften in der Türkei und versuchen an diesem Markt teilzuhaben.
Aufgrund von Besorgnissen über die Zuverlässigkeit und Gültigkeit der Ergebnisse solcher Untersuchungen wurden verschiedene Regelungen vorgesehen. Das große Interesse der Öffentlichkeit an solchen Forschungen führte dazu, daß Presseinstitutionen nach neuen Wegen suchten. Vor allem Ergebnisse von politischen Umfragen dürfen gemäß Gesetz über politische Parteien und Wahlen zu bestimmten Zeiten nicht veröffentlicht werden, da die Ergebnisse Einfluß auf die Wähler haben könnten.