Der 1.Mai 1964 bildet einen Wendepunkt in den Radio- und Fernseh-Sendungen in der Türkei. An diesem Tag wurde die "Türkische Radio- und Fernsehanstalt" (TRT) gegründet. Die seit langem anhaltenden Radiosendungen sowie die Testsendungen des Fernsehens erhielten somit eine vom Staat legitimierte und betriebene Institution. Nachdem somit Radio- und Fernseh-Sendungen einer staatlichen Institution übergeben wurden, verfolgte man die Entwicklungen in diesem Bereich aus nächster Nähe. In den 90'er Jahren hatten sich die erforderlichen Bedingungen für private Radio- und Fernsehsendungen ergeben. Mehrere private Radio- und Fernseh-Stationen begannen neben TRT in diesen Jahren praktisch mit ihren Sendungen. Am 10. Juli 1993 wurden mit der Änderung des Artikels 133 des Grundgesetzes private Sender legitimiert. Aufgrund dieses nach einer Verfassungsänderung erlassenen Gesetzes wandten sich mehrere landesweite, regionale und lokale Radio- und Fernsehsender an den "Hohen Rat für Radio und Fernsehen", der ebenfalls mit dem neuen Gesetz gegründet worden war. Zwischen 1990 und 1998 entwickelte sich eine unglaublich große Vielfalt an privaten Radio- und Fernseh-Sendern. So war die Türkei nach einem Bericht über Kommunikation der OECD Rekordhalter im Bereich des Wachstums bei Radio- und Fernsehsendungen. Während in den Jahren 1995-1997 in den OECD-Ländern der Radio- und Fernsehsektor um 3.4% wuchs, betrug die entsprechende Wachstumsrate in der Türkei 24.3%.

Die "Türkische Radio- und Fernsehanstalt" (TRT)

Mit den privaten Radio- und Fernsehstationen, die in den 90'er Jahren mit ihren Sendungen begannen, enstandten in der Türkei zwei unterschiedliche Strukturen: Die 1964 gegründete TRT und die später eröffneten privaten Fernsehsender. TRT ist wegen ihrer rechtlichen Struktur und ihrer Einstellung zu Sendungen in einer unterschiedlichen Situation als die privaten Sender. Das Gesetz Nummer 2954 TRT betreffend unterstreicht diese besondere Situation der Anstalt, denn TRT ist eine Sendeanstalt, die über eine verfassungsmäßige Autonomie verfügt und den Charakter eines öffentlichen Dienstleistungsbetriebs hat.

TRT sendet sieben Fernsehprogramme. Das erste Programm TRT 1 strahlt gemischte Sendungen für breite Massen aus; das zweite Programm TRT 2 strahlt Kultur- und Kunstsendungen aus; das dritte Programm TRT 3 dagegen ist mit seinen Musik- und Sportsendungen besonders unter Jugendlichen sehr beliebt. In bestimmten Zeitabschnitten macht TRT 3 aus dem Parlament Live-Sendungen und bildet somit eine Brücke zwischen der Legislative, den Parlamentariern und dem Volk. Das vierte Programm TRT 4 ist schwer-punktsmässig ein Ausbildungsprogramm, das die nationale Erziehungspolitik unterstützt und Lehreinheiten der Fernhochschule und des Ferngymnasiums sendet. TRT-INT und TRT-AVRASYA bildet mit seinen ins Ausland gerichteten Sendungen eine Brücke zwischen Europa und Asien. Für die Provinzen innerhalb des Entwicklungsprojektes in Südostanatolien strahlt TRT über den Sender GAP-TV spezielle Programme aus.

TRT setzt mit bei ihren Radiosendungen auf vier verschiedenen Kanälen ihre Auffassung von "thematischen Kanälen" wie beim Fernsehen fort. Radio 1 strahlt über MW 1017 gemischte und allgemeine Sendungen aus.

Von Radio 3 hört man auf FM 88.2 im allgemeinen klassische westliche Musik und Jazzmusik; außerdem gibt es zu bestimmten Zeiten Nachrichten auf Englisch, Fransösisch und Deutsch, die eine Dienstleistung für die in der Türkei lebenden Ausländer darstellt. Über FM 91.4 kann man von TRT-FM mehrheitlich klassische türkische Musik, Volksmusik oder populäre Musik hören. Daneben existiert im Rahmen von TRT ein Sender 'Stimme der Türkei', der in 24 Sprachen sendet und die Öffentlichkeit der Welt über die Türkei positiv informieren soll, ferner ein Radiosender für Touristen der in 5 Sprachen ausstrahlt, und schließlich der regionalen GAP-Sender in Diyarbakır, der im Rahmen des Südostanatolienprojektes Sendungen ausstrahlt.

Private Radio- und Fernseh-Sender

16 private Fernseh-Sender strahlen landesweit ihre Sendungen aus. ATV, Kanal D, Show-TV, Star TV (İnterstar), NTV und TGRT verfügen über die höchsten Ratingzahlen. Der erste private Fernsehsender der Türkei Star-1 wurde 1990 gegründet und strahlte zuerst seine Sendungen aus dem Ausland aus. Nach einem Führungswechsel im Unternehmen wurde der Sender in Interstar umbenannt. Show-TV begann 1992 mit seinen Sendungen und erweckte besonders mit seinen kurzen Nachrichten großes Interesse. Der TV-Sender der Sabah Zeitungsgruppe ATV begann 1993 mit den Sendungen, so auch Kanal D der Do¤an-Holding und TGRT der İhlas Holding. Die Musiksender "Kral TV", "Number One TV" und "Best" der Wirtschaftssender "Kanal E" sowie der Nachrichtenkanäle "NTV" und "CNN-Türk" pflegen das Konzept einer privaten Fernsehanstalt mit thematischen Schwerpunkt pflegen.

Neben diesen nationalen Gesellschaften bewarben sich in der Türkei weitere 244 Fernsehgesellschaften, davon 15 regionale und 229 örtliche Einrichtungen um Lizenzen beim 'Hohen Rat für Radio und Fernsehen'.

Nach Ergebnissen von Untersuchungen zählen unter den Radiostationen Best-FM, Süper-FM, Show Radio, Radio D, Alem-FM, Power-FM und Number One FM zu den beliebten Radiosendern. Ein Großteil der privaten Radios strahlt schwerwiegend Popmusik aus. Einige von ihnen bringen allein ausländische Popmusik.

Insgesamt sind in der Türkei 1.180 Radiosender tätig, davon sind 36 national, 108 regional und 1.036 örtlich.

Private Radio- und Fernseh-Sender kommen für ihre Kosten gänzlich alleine auf. Werbungen sind ihre einzige Einkommensquelle.

Der "Hohe Rat für Radio und Fernsehen"

Die Aufgaben des gesetzlich autonomen Hohen Rates für Radio und Fernsehen (RTÜK) sind im 8. Artikel des am 20. April 1994 inkraft getretenen Gesetzes Nummer 3984 die "Gründung und Sendungen von Radio- und Fernsehsendern betreffend" festgelegt. Demnach übernimmt RTÜK die wichtige Aufgabe der Planung der nationalen und lokalen Frequenzen und der Vergabe von Genehmigungen und Lizenzen an die interessierten Unternehmer. Ferner ist der Rat dazu befugt, die Radio- und Fernseh-Sendungen zu kontrollieren. Aktivitäten im Rahmen der Prinzipien des Abkommens über grenzüberschreitende Fernsehsender in Europa gehören ebenfalls zu den Aufgaben des RTÜK. Der Rat wertet die Haltung der Öffentlichkeit gegenüber den Sendungen aus und stellt die erforderlichen Verbindungen zu den betreffenden Institutionen her.

Die vom RTÜK durchgeführte Kontrolle erfolgt im Rah- men der im Gesetz Nummer 3984 vorgesehen Richtlinien. Der Hohe Rat verwarnt private Radio- und Fernseh-Anstalten, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, die Genehmigungsbedingungen überschreiten oder gegen Sendungsprinzipien und anderen Regelungen verstoßen. Im Falle der Wiederholung von Verstößen kann RTÜK die Genehmigung der Ausstrahlung von Sendungen für eine bestimmte Zeit aussetzen oder gänzlich annullieren. Die Mehrheit der Medien setzt sich jedoch für radikale Änderungen im Gesetz Nummer 3984 ein.

Gesetze, die die Radio- und Fernsehinstitutionen betreffen

Das wichtigste Dokument, das die Arbeit von Radio- und Fernsehanstalten regelt, ist das Grundgesetz. Im Rahmen der Verfassung wird die Tätigkeit von Radio- und Fernseh-Sendern in der Türkei aufgrund des Gesetzes Nummer 3984 "Die Gründung und Sendungen von Radio- und Fernsehsendern betreffend", und mit dem Gesetz Nummer 2954 "TRT und Abkommen über grenzüberschreitende Fernsehsendungen in Europa betreffend" geregelt.

Die Verordnung über Werbungen, deren Kontrolle auch RTÜK übernimmt, zählt ebenfalls zu den wichtigen gesetzlichen Regelungen. Bei diesen gesetzlichen Regelungen müssen auch die übergeordneten betreffenden Artikel des Grundgesetzes und Artikel 133 beachtet werden. Bei der Ausarbeitung des Gesetzes Nummer 3984 wurde besonders das Abkommen über grenzüberschreitende Fernsehsendungen in Europa in Rechnung gestellt.

Programme

Das Gesetz Nummer 3984 sieht eine ausgeglichene Verteilung der Sendungen vor. Demnach müssen Radio- und Fernsehanstalten in bestimmtem Ausmaß in ihren Programmen Themen wie Erziehung und Kultur Platz einräumen. Ferner muß bei Sendungen auf die Wahrung und die richtige Verwendung der Muttersprache geachtet werden.

Auch unabhängig von den gesetzlichen Regelungen machen im Fernsehen neben den ausländischen auch einheimische Produktionen einen bedeutenden Platz aus. In letzter Zeit erwecken Wettbewerbsprogramme, Podiums gespräche und einheimische Serien besonders großes Interesse. Auch Fernsehsender räumen solchen Programmen einen bedeutenden Platz ein. Unterhaltungs- und sportsendungen sind weitere beliebte Programme.

Ein Großteil der Radiosender strahlt populäre Musik aus. Radiostationen dagegen, die eine thematische Auffassung vertreten, gestalten ihre Sendungen im Rahmen bestimmter Themen.