Der wichtigste Zweck von Systemen der sozialen Sicherheit besteht darin, Gegenwart und Zukunft aller Individuen einer Gesellschaft in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht abzusichern. Die soziale Sicherheit ist das Ziel; dagegen sind Sozialversicherungen, Sozialhilfen und soziale Dienstleistungen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels. Institutionen zur sozialen Sicherheit, die im Rahmen der Auffassung vom Sozialstaat in allen entwickelten und demokratischen Ländern wichtige Aufgaben übernehmen, umfassen die ganze Bevölkerung umfassen. Auch in der Türkei bemüht man sich weiterhin, ein finanziell abgesichertes, modernes und wirksames System der sozialen Sicherheit und des Gesundheitswesens zu entwickeln.

In osmanischer Zeit übernahmen die Stiftungen Funktionen der sozialen Sicherheit. Die Geschichte der Gründung eines modernen Systems der sozialen Sicherheit dagegen reicht in der Türkei rund 50 Jahre zurück. Im Artikel 60 der türkischen Verfassung heißt es: "Jeder hat das Recht auf soziale Sicherheit. Der Staat ergreift die erforderlichen Maßnahmen für diese Sicherheit und richtet die nötigen Institutionen ein". Im Rahmen dieses Artikels sind drei grundlegende Institutionen zur sozialen Sicherheit vom Staat gegründet worden: Die für die soziale Sicherheit der Arbeiter und Angestellten zuständige Anstalt für Sozialversicherung (SSK), die für die Beamten im öffentlichen Dienst zuständige Rentenkasse ("T.C. Emekli Sandığı") und die Versicherungsanstalt für Kleinunternehmer, selbstständige Handwerker und andere Freiberufliche 'Bağ-Kur'. Außerdem gibt es eigene Rentenkassen von Banken, Versicherungen und Industrie- und Handelskammern, die für ihr Personal im Invaliden-, Alters- und Todesfall aktiv werden.

Die staatliche Last der sozialen Sicherheit ist auf die drei wichtigen Versicherungsanstalten "Emekli Sandığı", SSK und 'Bağ-Kur' verteilt. Ende 1999 umfaßte das soziale Versicherungswesen 91% der Bevölkerung; 86,4% der Bevölkerung hatte eine Krankenversicherung. Von den zivilen Beschäftigten war ungefähr die Hälfte am Versicherungsprogramm aktiv beteiligt.

Das Verhältnis zwischen aktiven und passiven Versicherten beträgt nach den Daten von 1999 in der Rentenkasse (Emekli Sandığı) 1:1,69, in der Anstalt für Sozialversicherung 1:2,21 und in Bağkur 1:2,60. Daraus ist ersichtlich, daß sich das Verhältnis zwischen aktiven und passiven Versicherten negativ entwickelt hat, denn der Anstieg der Zahl von Versicherten, die aktiv Prämien für das soziale Sicherungssystem zahlen, ist langsamer als der Anstieg der Zahl der passiv Versicherten.

Bei den Versicherungsprogrammen, i.e. den Bedingungen für eine Rente, der unteren und oberen Grenzen der monatlichen Renten, den Prämien, bei den Rechten und Verpflichtungen gibt es zwischen den sozialen Sicherheitsinstitutionen große Unterschiede. Erleichterungen bei den Pensionierungsbedingunen sowie Zahlungen ohne Prämien haben die finanzielle Struktur der sozialen Sicherheitsinstitutionen in den letzten Jahren strapaziert. Deshalb haben sich die Bemühungen intensiviert, die finanziellen Engpässe der Anstalten der sozialen Sicherung aufzuheben und das System der sozialen Sicherheit grundlegend neuzustrukturieren. So wurden mit dem am 8. September 1999 inkraft getretenen Gesetz Nr. 4447 im System der sozialen Sicherheit einige für notwendig erachtete grundlegende Korrekturen vorgenommen. Zu den wichtigen Korrekturen in diesem Gesetz gehören die Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 58 und für Männer auf 60 für Personen, die neu in das System der SSK, von 'Bağ-Kur' und der Rentenkasse eintreten, die Einführung einer Arbeitslosenversicherung und eine Erhöhung der Anzahl der beitragspflichtigen Tage und der Beiträge selbst. Zu weiteren vorrangigen Zielen der Regierung gehört die Normierung und Standardisierung unter den Einrichtungen der sozialen Sicherheit, die Trennung von Dienstleistung und Versicherung in Gesundheitswesen, die Errichtung einer allgemeinen Krankenversicherung und die Einrichtung individueller Rentenprogramme. Auf diesen Gebieten sind Gesetze in der Vorbereitung und sollen Schritt für Schritt verabschiedet werden.

Soziale Dienstleistungen und Hilfen

Die 1983 neustrukturierte 'Anstalt für soziale Dienstleistungen und Kinderschutz' ist die größte Sozialhilfeeinrichtung in der Türkei. Diese Institution unterhält für schutz und pflegebedürftige Menschen Kindergärten, Heime, Altersheime, und Pflege- und Rehabilitationsstätten. Ferner tätigt diese Anstalt mit Sozialhilfeeinrichtungen, mit Stätten, die die Solidarität zwischen jungen und alten Menschen fördern sollen, und mit freiwilligen Organisationen weitere schützende, vorbeugende und erzieherische Projekte. Sie verfügt zur Verwirklichung ihrer Projekte über 351 aktive Sozialhilfe-Einrichtungen, die an 50.000 Bürger soziale Dienstleistungen erbrachten; davon waren 30.000 Menschen schutz und prflegebedürftige Babys, Kinder, Jugendliche, Alte und bettlägerische Behinderte.

1997 nahm das dem Ministerpräsidialamt unterstehende 'Amt für Behinderte' seine Arbeit auf. Es hat die Aufgabe, bei der Entwicklung einer nationalen Behinderten-Politik behilflich zu sein, die Zusammenarbeit und Koordination zwischen nationalen und internationalen Einrichtungen herzustellen und die Probleme der Behinderten festzustellen und Wege zu ihrer Lösung zu erkunden. Zu den Aktivitäten dieses Amtes gehört die Herstellung einer Koordination zwischen den Institutionen, die zu einer Verhinderung von Behinderungen beitragen, die Schaffung einer gesellschaftlichen Sensibilität und Aufmerksamkeit für die Bereiche der Ausbildung, der Beschäftigung und Rehabilitation von Behinderten, die Errichtung einer Datenbank Behinderte und Dienstleistungen für Behinderte betreffend und die Beseitigung von physischen oder bautechnischen Behinderungen gegen Behinderte.

In ökonomischer und sozialer Hinsicht mittellosen Menschen hilft der 1986 eingerichtete 'Förderungsfond für soziale Hilfe und Solidarität'. Aus ihm werden Stipendien für einkommensschwache und ausländische Studenten finanziert, armen Menschen ohne sozialen Schutz medizinische Hilfen erteilt und Verluste beglichen, die durch Naturkatastrophen oder Terror entstanden sind. Diese und andere Sozialhilfen leistet dieser Fond über 931 'Stiftungen für soziale Hilfe und Solidarität'.